Radentscheid Erfurt

Der erste Radentscheid, der in Thüringen auf den Weg gebracht wurde, ist der Radentscheid Erfurt. Die Initiatoren gründeten 2020 den Radentscheid Erfurt n.e.V. und begannen im August desselben Jahres mit der Unterschriftensammlung. Statt der erforderlichen 7.000 Unterschriften konnten bis zum Dezember 2021 12.700 Unterschriften gesammelt und dem Oberbürgermeister Andreas Bausewein übergeben werden. Im Januar 2021 wurde der Erfolg des Bürgerbegehrens amtlich bestätigt. In einem Kompromissvorschlag versuchte der Stadtrat im Mai 2021 die Forderungen des Radentscheids unter Haushaltsvorbehalt zu stellen. Der Radentscheid n.e.V stimmte diesem Vorschlag nicht zu. In einem zweiten Anlauf nahm der Stadtrat im Juni 2021 den Radentscheid schließlich in der ursprünglichen Fassung an.

Status 2023

Die Freude war groß, als der Erfurter Stadtrat im Juni 2021 die Durchführung der mit dem Erfurter Radentscheid geforderten Maßnahmen beschloss. Doch schnell wurde klar: Damit begann erst die eigentliche Arbeit. Nun hat die Stadtverwaltung Erfurt dem Stadtrat den ersten Statusbericht zum Radentscheid vorgelegt. Dieser listet die 2022 getätigten und die für 2023 geplanten Maßnahmen auf, ohne sie allerdings ins Verhältnis zu den mit dem Radentscheid beschlossenen Maßnahmen zu setzen.
Aus diesem Grund hat der ADFC Erfurt die Informationen aus dem Statusbericht 2022 und der Prognose 2023 analysiert und den Mindestforderungen des Radentscheides in Diagrammen gegenübergestellt.

Der sich daraus ergebende Umsetzungsstand und leider auch die Prognose sind im Sinne der 12.700 Unterschriften des Radentscheides nicht befriedigend: Im Jahr 2022 wurden nach Einschätzung des ADFC durchschnittlich nur 20% der Mindestziele des Bürgerbegehrens erreicht. Die Prognose für die Maßnahmen 2023 und auch für die Folgejahre pegeln sich maximal in diesem Bereich ein. Eine solch mangelhafte Umsetzung eines Stadtratsbeschlusses ist nicht akzeptabel.

Andere Städte zeigen, wie man auch mit geringem Planungsaufwand und begrenzten finanziellen Mitteln schnelle Verbesserungen für den Radverkehr erreichen kann. So schaffte beispielsweise die Stadt Göttingen durch die geschickte Aneinanderreihung von Fahrradstraßen eine komfortable Radwegverbindung zwischen Bahnhof und UNI-Nordcampus. Die Stadt Wiesbaden richtete auf dem Innenstadtring eine Umweltspur ein, welche nur dem ÖPNV und dem Radverkehr zur Verfügung steht.

Für Erfurt liegt mit dem Verkehrsentwicklungsplan Rad bereits seit 2014 ein gutes Grundgerüst für die Radverkehrsplanung vor. Der Radentscheid zeigt, dass die Erfurter*innen zügige Maßnahmen für einen sicheren und attraktiven Radverkehr erwarten. Aus Sicht des ADFC könnten die Umsetzung folgender Projekten durch Neuordnung und Flächenumverteilung dazu beitragen, die mit Beschluss des Radentscheids gesteckten Ziele 2023 und in den folgenden Jahren zu erreichen:

  • Lange Brücke und Eichenstraße: Verbreiterung des für Fuß- und Radverkehr vorgesehenen Bereiches durch die Wegnahme von Stellplätzen
  • Iderhoffstraße und Meyfartstraße bis zum Anger 1: Einrichtung einer Fahrradstraße
  • Michaelisstraße, Moritzstraße, Auenstraße bis zum Nordpark: Einrichtung einer Fahrradstraße
  • Windhorststraße, Friedrich-Ebert-Straße bis zur Agentur für Arbeit: Einrichtung einer Fahrradstraße
  • Meienbergstraße: Öffnung der Einbahnstraße in entgegengesetzter Richtung.

Nun sind der Oberbürgermeister und der Stadtrat gefragt, sich kritisch mit dem Widerspruch zwischen den selbstgesteckten Zielen und der fehlenden Umsetzung der dafür notwendigen Maßnahmen auseinanderzusetzen und für 2023 und die folgenden Jahre entsprechend mehr und zielgerichtetere Maßnahmen zu ergreifen.

Die Bilanz zum Radentscheid auf www.erfurt.de:
https://www.erfurt.de/ef/de/leben/verkehr/mobil/radverkehr/radentscheid/index.html

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