Der erste Radentscheid, der in Thüringen auf den Weg gebracht wurde, ist der Radentscheid Erfurt. Die Initiatoren gründeten 2020 den Radentscheid Erfurt n.e.V. und begannen im August desselben Jahres mit der Unterschriftensammlung. Statt der erforderlichen 7.000 Unterschriften konnten bis zum Dezember 2021 12.700 Unterschriften gesammelt und dem Oberbürgermeister Andreas Bausewein übergeben werden. Im Januar 2021 wurde der Erfolg des Bürgerbegehrens amtlich bestätigt. In einem Kompromissvorschlag versuchte der Stadtrat im Mai 2021 die Forderungen des Radentscheids unter Haushaltsvorbehalt zu stellen. Der Radentscheid n.e.V stimmte diesem Vorschlag nicht zu. In einem zweiten Anlauf nahm der Stadtrat im Juni 2021 den Radentscheid schließlich in der ursprünglichen Fassung an.
Die Stadt Erfurt soll ein zügig und durchgängig befahrbares Radverkehrsnetz schaffen, das Orte möglichst ohne Umwege verbindet. Dabei werden grundsätzlich mindestens die Routen umgesetzt, die im Teilkonzept Radverkehr des Verkehrsentwicklungsplanes (VEP) – Plan 3: Radverkehrsnetz – in seiner jeweils geltenden Fassung ausgewiesen sind. Der Belag des Radverkehrsnetzes soll gut befahrbare ebene Oberflächen haben und die Verkehrsführung soll für alle Verkehrsarten gut erkennbar sein. Zumindest auf Hauptrouten sollen dem Radverkehr grundsätzlich ausreichende Breiten zur Verfügung stehen, die das gefahrlose gegenseitige Überholen von Fahrrädern ermöglichen. Die am meisten frequentierten Routen sollen als erste diesen Anforderungen angepasst werden.
An den Hauptverkehrsstraßen, auf denen schneller als 30 km/h gefahren werden darf, sollen dem Rad- und Elektroscooter-Verkehr Radwege für beide Richtungen zur Verfügung gestellt werden. Diese sind in der Regel baulich von Gehwegen und Fahrbahnen zu trennen. Radwege sind baulich so zu gestalten, dass unzulässiges Befahren und Halten von Kraftfahrzeugen unterbleibt. Zugleich müssen sie insbesondere hinsichtlich ihrer Oberflächenbeschaffenheit, der Erkennbarkeit der Verkehrsführung und ihrer Breite das Ziel Nr. 1 erfüllen. Die Stadt soll jährlich auf mindestens fünf Kilometern für die Herstellung solcher Wege sorgen.
Straßen sind so zu gestalten, dass sich an Kreuzungen und Einmündungen die am Verkehr Teilnehmenden tatsächlich rechtzeitig gegenseitig sehen können. Dies ist insbesondere bei der Führung von Radwegen und bei der Widmung bzw. dem Bau von Abstellflächen für Kraftfahrzeuge zu beachten. Von Kreuzungen und Einmündungen, die diese Anforderungen nicht erfüllen, soll die Stadt jährlich mindestens drei so umbauen, dass diesen Vorgaben genügt wird.
Rad- und Gehwege sind so zu bauen, umzubauen oder zu reparieren, dass sie frei von Kanten sind. An Kreuzungen und Einmündungen sind Bordsteine ausreichend abzusenken, und zwar, wo Fahrräder verkehren, auf null. Die Wege sind regelmäßig zu reinigen sowie bei Schnee und Glätte zu räumen und zu streuen. Dem Radverkehr gewidmete Wege müssen, Gehwege sollen frei von Hindernissen wie Pollern, Masten oder hineinragenden Schildern sein. Wo trotzdem Hindernisse bestehen, sind sie mit Warnmarkierungen zu versehen.
Abstellanlagen müssen gut zugänglich, fahrend erreichbar, stabil sein und das sichere Anschließen von Fahrrädern ermöglichen. Sie sollen sich in ausreichender Zahl vor allem an Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), an Schulen, Einkaufszentren, ähnlich frequentierten Einrichtungen und Eingängen zu Fußgängerzonen im Stadtzentrum befinden. Die Stadt Erfurt soll jährlich 600 Stellplätze schaffen, bis der Bedarf gedeckt ist.
Die Freude war groß, als der Erfurter Stadtrat im Juni 2021 die Durchführung der mit dem Erfurter Radentscheid geforderten Maßnahmen beschloss. Doch schnell wurde klar: Damit begann erst die eigentliche Arbeit. Nun hat die Stadtverwaltung Erfurt dem Stadtrat den ersten Statusbericht zum Radentscheid vorgelegt. Dieser listet die 2022 getätigten und die für 2023 geplanten Maßnahmen auf, ohne sie allerdings ins Verhältnis zu den mit dem Radentscheid beschlossenen Maßnahmen zu setzen.
Aus diesem Grund hat der ADFC Erfurt die Informationen aus dem Statusbericht 2022 und der Prognose 2023 analysiert und den Mindestforderungen des Radentscheides in Diagrammen gegenübergestellt.
Der sich daraus ergebende Umsetzungsstand und leider auch die Prognose sind im Sinne der 12.700 Unterschriften des Radentscheides nicht befriedigend: Im Jahr 2022 wurden nach Einschätzung des ADFC durchschnittlich nur 20% der Mindestziele des Bürgerbegehrens erreicht. Die Prognose für die Maßnahmen 2023 und auch für die Folgejahre pegeln sich maximal in diesem Bereich ein. Eine solch mangelhafte Umsetzung eines Stadtratsbeschlusses ist nicht akzeptabel.
Andere Städte zeigen, wie man auch mit geringem Planungsaufwand und begrenzten finanziellen Mitteln schnelle Verbesserungen für den Radverkehr erreichen kann. So schaffte beispielsweise die Stadt Göttingen durch die geschickte Aneinanderreihung von Fahrradstraßen eine komfortable Radwegverbindung zwischen Bahnhof und UNI-Nordcampus. Die Stadt Wiesbaden richtete auf dem Innenstadtring eine Umweltspur ein, welche nur dem ÖPNV und dem Radverkehr zur Verfügung steht.
Für Erfurt liegt mit dem Verkehrsentwicklungsplan Rad bereits seit 2014 ein gutes Grundgerüst für die Radverkehrsplanung vor. Der Radentscheid zeigt, dass die Erfurter*innen zügige Maßnahmen für einen sicheren und attraktiven Radverkehr erwarten. Aus Sicht des ADFC könnten die Umsetzung folgender Projekten durch Neuordnung und Flächenumverteilung dazu beitragen, die mit Beschluss des Radentscheids gesteckten Ziele 2023 und in den folgenden Jahren zu erreichen:
Nun sind der Oberbürgermeister und der Stadtrat gefragt, sich kritisch mit dem Widerspruch zwischen den selbstgesteckten Zielen und der fehlenden Umsetzung der dafür notwendigen Maßnahmen auseinanderzusetzen und für 2023 und die folgenden Jahre entsprechend mehr und zielgerichtetere Maßnahmen zu ergreifen.
Die Bilanz zum Radentscheid auf www.erfurt.de:
https://www.erfurt.de/ef/de/leben/verkehr/mobil/radverkehr/radentscheid/index.html
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Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.
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Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.
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